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Neue, schonende Behandlungsmethode kann größere Operationen im Verdauungstrakt ersetzen

Der Chefarzt der Gastroenterologie am InnKlinikum Altötting, PD Dr. Sebastian Rasch, hat mit seinem Amtsantritt im Juni 2024 ein Verfahren eingeführt, mit dem größere gutartige, aber auch Frühstadien von bösartigen Tumoren in Speiseröhre, Magen und Rektum endoskopisch entfernt werden.

Was genau ist die Endoskopische Submukosa-Dissektion (ESD), und wie unterscheidet sie sich von anderen endoskopischen Verfahren?

PD Dr. Rasch: Unter ESD versteht man die Endoskopische Submukosa Dissektion. Damit können auch größere Tumore in Speiseröhre, Magen und Darm endoskopisch komplett entfernt werden. Ursprünglich wurde die Methode in Japan entwickelt. Tumore werden dabei durch Unterspritzung von darunter liegenden Wandschichten abgehoben und mittels kleinster elektrischer Messer aus der nur wenige Millimeter dünnen Submukosa präpariert und herausgelöst. Die Submukosa ist eine der verschiedenen Schichten der Schleimhaut im Verdauungstrakt

 

Welche Vorteile hat die ESD für Patienten im Vergleich zu bisher angewandten Methoden?

Im Gegensatz zu den bisherigen endoskopischen Techniken ermöglicht die ESD auch die Entfernung größerer Tumore als Ganzes (en-bloc). Früher war dies nur in mehreren Fragmenten in der so genannten „Peace-Meal-Technik” möglich. Eine ESD minimiert das Rückfallrisiko und ermöglicht dem Pathologen die genaue Beurteilung, ob der Tumor komplett entfernt wurde. 

 

Für welche Erkrankungen oder Befunde kommt die ESD hauptsächlich zum Einsatz?

Wir setzen die ESD bei Tumoren der Speiseröhre, des Magens sowie des Enddarms ein. Dabei kommt die ESD vor allem bei größeren Tumoren zum Einsatz. In vielen Fällen handelt es ich um noch gutartige Tumore, beziehungsweise Polypen. Es können jedoch auch bösartige Tumore im Frühstadium sicher entfernt werden. Entscheidend ist dann das so genannte „Staging” vor der Behandlung. Dabei wird genau untersucht, wie tief ein Tumor bereits in die Wand des Magen-Darm-Trakts eingewachsen ist. Voraussetzung für die Durchführung einer ESD ist, dass die Submukosa nicht maßgeblich betroffen ist. 

 

Wie läuft der Eingriff ab? Und wie lange dauert er in der Regel?

Für einen möglichst reibungslosen Ablauf sollte eine ESD geplant werden. Deshalb machen wir uns in der Regel selbst ein Bild und es erfolgt zur Vorbereitung eine diagnostische Endoskopie. So können wir auch nochmals überprüfen, ob der Tumor auch wirklich für eine ESD geeignet ist. Da in der Wand millimetergenau präpariert wird ist einer der Nachteile der ESD-Technik die relativ lange Untersuchungszeit. Abhängig von der Größe und Lokalisation des Tumors kann eine ESD deutlich über eine Stunde dauern. Um sicherzustellen, dass es zu keiner Komplikation wie einer Nachblutung kommt werden die Patienten anschließend stationär überwacht. 

 

Wie schnell können Patienten nach dem Eingriff wieder nach Hause? Welche Nachsorge ist erforderlich?

In der Regel können Patienten nach zwei Tagen entlassen werden. Die weitere Nachsorge hängt dann maßgeblich vom Befund des Pathologen ab. Handelt es sich um einen gutartigen Tumor, der vollständig entfernt wurde, ist meist eine Kontrolle in sechs bis zwölf Monaten ausreichend. Die Nachsorge bösartiger Tumore ist vom jeweiligen Tumor abhängig und prinzipiell vergleichbar mit der Nachsorge nach einer operativen Entfernung. 

 

Gibt es Patienten für die diese Methode nicht geeignet ist?

Patienten benötigen eine Teilnarkose. Darum müssen gerade bei gutartigen Tumoren Nutzen und Risiken einer Entfernung abgewogen werden. Bei der Beurteilung der Tumore und der Entscheidung für oder gegen eine ESD spielen deshalb Begleiterkrankungen und Alter der Patienten eine wichtige Rolle.  Schwierig kann es auch werden, wenn bereits versucht wurde einen Tumor abzutragen. Dann können Vernarbungen die ESD deutlich erschweren. 

 

Welche technische Ausstattung war für die Einführung der ESD in unserer Klinik erforderlich?

Das InnKlinikum Altötting verfügt über moderne Endoskope mit einer sehr hohen Bildauflösung und einer stark abwinkelbaren Spitze, die für eine ESD unerlässlich sind. Dazu werden spezielle endoskopische Messer, mit denen auch Flüssigkeit injiziert werden kann, sowie spezielle Aufsätze für die Endoskope benötigt. Da es sich bei der ESD um ein anspruchsvolles endoskopisches Verfahren handelt, ist neben den technischen Voraussetzungen die Erfahrung des Untersuchers entscheidend. Diese Expertise ist im InnKlinikum vorhanden.

 

Welche Bedeutung hat die Einführung der ESD für die Zukunft unserer Klinik und die Behandlungsmöglichkeiten der Patienten?

Die ESD erweitert unsere endoskopischen Möglichkeiten gutartige und bösartige Veränderungen im Magen-Darm-Trakt endoskopisch zu entfernen. Zusammen mit den anderen etablierten Verfahren, wie zum Beispiel der endoskopischen Mukosa-Resektion (EMR), oder der endoskopischen Vollwandresektion, kann so die für den jeweiligen Tumor optimale Abtragungsmethode gewählt werden. Wenn nötig, können sogar mehrere Verfahren kombiniert werden, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. So können in vielen Fällen größere Operationen vermieden werden. Für die Patienten bedeutet dies meist einen kürzeren Krankenhausaufenthalt und eine verbesserte Lebensqualität. 

Der Chefarzt der Gastroenterologie am InnKlinikum Altötting, PD Dr. Sebastian Rasch in einem Behandlungsraum stehend..

Der Chefarzt der Gastroenterologie am InnKlinikum Altötting, PD Dr. Sebastian Rasch. Foto: Schmitzer